Trennung, Scheidung und Vermögen: Was passiert mit Depot (Aktien, ETFs, Fonds), Immobilie oder Kryptowährung?

Inhaltsverzeichnis
Wir sind Kölner Honorarberater für Vermögen

Das Wichtigste auf einen Blick

Vorwort

Wer Vermögen aufbaut, denkt oft an Rendite, Risiko und eine langfristige Strategie. Ob Depot (Aktien, ETFs, Fonds), Immobilien (selbstgenutzt oder vermietet) oder Kryprowährung wie z.B. Bitcoin – viele Menschen optimieren ihre finanzielle Zukunft mit Blick auf Jahrzehnte. Doch was passiert mit diesen Vermögenswerten, wenn eine Ehe scheitert? Welche Regelungen gelten im Fall der Trennung oder Scheidung?

In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Depots, Immobilien oder digitale Assets wie Kryptowährungen rechtlich behandelt werden, welche Fehler Sie vermeiden sollten und wie Sie sich schon im Vorfeld absichern können.

Rechtsanwalt Niklas Clamann betreibt eine auf das Familienrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei. Im Rahmen der sogenannten „Online-Scheidung“ führt er seine Mandanten durch die einvernehmliche Scheidung.

Zugewinngemeinschaft: Was bedeutet das für Ihr Vermögen?

Wer ohne Ehevertrag heiratet, lebt automatisch im gesetzlichen Güterstand der sogenannten Zugewinngemeinschaft. Dabei bleibt das Vermögen während der Ehe grundsätzlich getrennt. Dennoch findet im Fall der Scheidung ein finanzieller Ausgleich statt, wenn ein Ehegatte während der Ehe deutlich mehr Vermögen aufgebaut hat als der andere. Dieser Ausgleich wird Zugewinnausgleich genannt.

Wichtig zu wissen: Der Zugewinnausgleich erfolgt nicht automatisch mit der Scheidung. Er muss gesondert beantragt werden, entweder im Rahmen des Scheidungsverfahrens oder innerhalb von drei Jahren nach Rechtskraft der Scheidung. Wer diese Frist versäumt oder keinen Antrag stellt, verliert möglicherweise dauerhaft seinen Ausgleichsanspruch.

Einfache Erklärung des Zugewinnausgleichs

Stichtage für die Berechnung sind der Tag der Eheschließung und der Tag, an dem der Scheidungsantrag zugestellt wird. Das Vermögen beider Ehepartner an diesen beiden Zeitpunkten wird miteinander verglichen.

Ein Beispiel:

  • Ehegatte A besitzt bei Eheschließung ein ETF-Depot im Wert von 100.000 Euro. Bis zur Scheidung wächst es auf 700.000 Euro. Der Zugewinn beträgt also 600.000 Euro.
  • Ehegatte B hat bei Eheschließung kein Vermögen. Bis zur Scheidung spart sie 10.000 Euro auf einem Tagesgeldkonto an. Ihr Zugewinn beträgt daher 10.000 Euro.
  • Die Differenz zwischen beiden Zugewinnen liegt bei 590.000 Euro. Davon steht Ehegatte B die Hälfte zu, also 295.000 Euro.

Es spielt keine Rolle, ob das Depot, Konto oder die Immobilie nur auf den Namen eines Ehepartners läuft. Entscheidend ist allein der Vermögenszuwachs während der Ehe.

Welche Vermögenswerte fließen in den Zugewinn ein?

Grundsätzlich wird jedes Vermögen berücksichtigt, das während der Ehe hinzugewonnen wurde. Dazu zählen:

  • Bankguthaben
  • Aktien und andere Wertpapiere
  • ETFs und Investmentfonds
  • Immobilien und Mieteinnahmen
  • Unternehmensbeteiligungen
  • Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum


Auch digitale Assets sind rechtlich als Vermögen anerkannt und müssen vollständig offengelegt werden. Wer zum Beispiel zu Beginn der Ehe Kryptowährungen im Wert von 5.000 Euro hält und bis zur Scheidung einen Wertzuwachs auf 80.000 Euro erzielt, hat in diesem Bereich allein einen Zugewinn von 75.000 Euro.

Schenkungen und Erbschaften bleiben grundsätzlich außen vor, wenn sie klar nachgewiesen und dokumentiert sind. Deren Wertentwicklung kann allerdings Zugewinn und damit ausgleichsfähig sein.

Depot oder Wallet verschweigen? Ein riskanter Trugschluss!

In der Praxis taucht immer wieder die Frage auf, ob ein Depot, eine Wallet oder ein Kryptowährungsbestand einfach „unter dem Radar“ bleiben kann. Die klare Antwort lautet: nein. Im Zuge des Zugewinnausgleichs besteht ein umfassender Auskunftsanspruch. Jeder Ehepartner ist verpflichtet, sein gesamtes Vermögen vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen.

Wer in diesem Zusammenhang falsche Angaben macht oder Vermögen bewusst verschweigt, riskiert nicht nur den Verlust prozessualer Vorteile, sondern unter Umständen auch strafrechtliche Konsequenzen wegen Prozessbetrugs. Familiengerichte fragen inzwischen gezielt nach digitalen Vermögenswerten, Wallet-Adressen und Handelskonten. Der Versuch, Vermögen zu verbergen, ist daher nicht nur unklug, sondern gefährlich.

Scheidungsfolgenvereinbarung: Späte Einigung noch möglich

Wer im Verlauf der Trennung feststellt, dass eine einvernehmliche Regelung sinnvoller ist als ein gerichtlicher Streit, kann auch noch nach der Trennung eine sogenannte Scheidungsfolgenvereinbarung abschließen. Dabei wird unter anderem die Vermögensaufteilung verbindlich geregelt. Auch diese Vereinbarung muss notariell beurkundet werden, wenn sie den Zugewinnausgleich betrifft.

Eine solche Einigung kann im Einzelfall sehr hilfreich sein, insbesondere wenn beide Ehepartner Vermögenswerte aufgebaut haben und an einer pragmatischen Lösung interessiert sind.

Ehevertrag: Vorsorge für den Fall der Fälle

Ein Ehevertrag bietet die Möglichkeit, den Zugewinnausgleich individuell zu regeln oder auch vollständig auszuschließen. Gerade bei größeren Vermögen oder spezifischen Anlagen, wie etwa einer vermieteten Immobilie oder einem Krypto-Portfolio, ist das sinnvoll. Auch für Selbstständige oder Gesellschafter kann es wichtig sein, Betriebsvermögen durch vertragliche Regelungen zu schützen.

Die Regelungen im Ehevertrag können flexibel gestaltet werden. So ist es etwa möglich, nur bestimmte Vermögenswerte vom Ausgleich auszunehmen, während andere vollständig berücksichtigt werden. Eine solche differenzierte Lösung nennt man modifizierten Zugewinnausgleich.

Der Ehevertrag muss in jedem Fall notariell beurkundet werden. Er kann vor oder während der Ehe geschlossen werden. Besonders ratsam ist es, in einer stabilen Phase der Beziehung über solche Fragen zu sprechen und gemeinsam eine ausgewogene Regelung zu treffen.

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Fazit

Vermögensaufbau ist sinnvoll und wichtig. Genauso wichtig ist jedoch, sich über die rechtlichen Konsequenzen im Klaren zu sein, die eine Ehe mit sich bringt. Der gesetzliche Güterstand führt bei Trennung oder Scheidung zu einer möglichen Vermögensumverteilung. Wer dem vorbeugen oder individuelle Lösungen schaffen möchte, sollte rechtzeitig über Eheverträge oder Scheidungsfolgenvereinbarungen nachdenken.

Je früher rechtliche Vorsorge getroffen wird, desto leichter lassen sich Konflikte vermeiden und das Vermögen sichern. Das gilt für klassische Anlagen wie Aktien, ETFs und Immobilien ebenso wie für moderne digitale Assets.

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